Am vergangenen Wochenende bin ich zu einem besonderen Lauferlebnis an meinen ehemaligen Studienort Wales zurückgekehrt. Auf Einladung meiner früheren Trainingsgruppe der „Les Croupiers“ aus Cardiff ging ich für sie erneut beim „Welsh Castles Relay“ (zu dt. Walisische Burgen-Staffel) an den Start.

Das Castles Relay lässt sich grob mit dem Thüringer Rennsteig-Staffellauf vergleichen. Gelaufen werden 20 Etappen an zwei Tagen mit Streckenlängen zwischen 13 und 22 Kilometern. Die Route verläuft ausschließlich auf Asphalt zwischen dem Snowdon Nationalpark an der Nordküste von Wales bis hinunter an die Südküste zur Hauptstadt Cardiff. Insgesamt sind 340 Kilometer zurückzulegen.

Streng genommen ist es kein echter Staffellauf, denn jede Etappe wird als separates Rennen ausgetragen. Die einzelnen Zeiten werden dann für die Gesamtwertung addiert. Sechs Etappen gehen dabei in die gesonderte Team-Bergwertung ein, bei der die Titel „Kings of the Mountains“ bzw. „Queens of the Mountains“ vergeben werden. In diesem Jahr waren insgesamt 58 Teams am Start der Männer-, Frauen-, Senioren- und Firmenwertungen.

Mein Team vom Les Croupiers Running Club hatte im vergangenen Jahr mit 20 Minuten Rückstand Platz 4 belegt. Ich war 2007 – nur wenige Wochen nach meiner Verletzung an der Achillessehne – auf einer Bergauf-Bergab-Etappe ganz enttäuschend nur Sechster geworden. Zu Rennbeginn hatte ich mich damals hoffnungslos verausgabt und auf der Bergabpassage dann mehrere Minuten verloren.

Dieses Mal aber sollte mir die mir zugewiesene Etappe deutlich besser liegen. Auf der Etappe 14 nach Drovers Arms erwartete mich eine schwere Bergstrecke über 17,7 Kilometer. Auf wellige 11 Kilometer zu Wettkampfbeginnn sollte ein mehr als 6,5 Kilometer langer Anstieg mit bis zu 12 Prozent Steigung folgen. Das Streckenprofil der Schlusskilometer erinnerte mich sehr an das des Kickelhahn-Berglaufs…

Ich bin deshalb sehr locker angegangen, um mir Körner für den schweren Schlussanstieg zu sparen. Schließlich ging es nur um eine gute Zeit für das Team und nicht um meine Einzelplatzierung. Der spätere Sieger und ein kenianischer Läufer waren schon nach 3 Kilometern dem Feld enteilt und außer Sicht.

Zunächst heftete ich mich an die Fersen des Läufers unserer direkten Konkurrenten, der Serpentine Runners aus London. Nach der 13. Etappe lagen wir in der Gesamtwertung etwa fünf Minuten hinter den „Serpies“ zurück. Doch nach den ersten Hügeln wurde der Gegner im roten Dress bergan immer langsamer, so dass ich fortan mein eigenes Rennen laufen musste. Nach 6 Kilometern war ich also alleine an dritter Position und bereits etwas erschöpft ob der vielen kurzen Bergabpassagen. Dann aber kam endlich der ersehnte Berg.

Der Bergpass erinnerte mich sehr an den Mont Ventoux, der bei der Tour de France oft überquert werden muss. Grund dafür war aber weniger der steilen Anstieg hinauf auf diesen kahlen Hügel, sondern vielmehr die grandiose Atmosphäre. Überall am Berg standen Betreuer und Athleten und feuerten mich an. Ständig fuhren Begleitfahrzeuge an mir vorbei, aus denen heraus ich immer wieder angepeitscht wurde. Gänsehaut pur!

Irgendwann rief dann plötzlich ein Zuschauer, ich würde den Kenianer bald einholen. Tatsächlich war wieder vor mir in Sicht, etwa 400 Meter entfernt. Und – Er ging die steilen Anstiege hinauf! Die Zuschauer waren nun total aus dem Häuschen und peitschten mich mit ihren Kommentaren noch schneller den Berg hinauf.

Drei Kilometer vor dem Ziel war ich tatsächlich bis auf 15 Meter an ihn heran gelaufen. Mittlerweile rannte er jedoch wieder wieder. Vor dem schweren Schlussanstieg gab es noch einmal 500 Meter lange Bergabpassage. Dort habe ich leider zu viele Meter verloren, um den Zweiten auf den letzten Metern noch gefährden zu können. Mit 1:03:30 war ich am Ende 3:30 Minuten schneller als der Läufer unserer ärgsten Konkurrenten.

Auf den letzten Etappen konnten wir den marginalen Rückstand auf die Serpentine Runners sogar in einen Vorsprung von letztlich 16 Minuten ausbauen und uns damit den Gesamtsieg beim Welsh Castles Relay sichern. Hoffentlich ein gutes Omen für den Rennsteig-Staffellauf am kommenden Samstag, bei dem unser Team der TU Ilmenau Runners auch ganz vorne mitlaufen möchte.

Ein tolles Lauferlebnis, das eine ganz andere Qualität hat als das des Rennsteig-Staffellaufs hier in Thüringen. Beim Castles Relay ist man im Begleitfahrzeug bei jeder Etappe „live“ dabei, kann das Renngeschehen aus dem Mannschaftsbus hautnah mitverfolgen und das eigene Team unterstützen.

Auch die Kameradschaft unter den Teilnehmern ist beeindruckend. Alle teilnehmenden Staffeln versorgen die Läufer an der Strecke mit Getränken. So kommt es vor, dass man beinahe alle 500 Meter eine Verpflegungsstelle passiert. Außerdem sind alle Teams in die Rennorganisation eingebunden und müssen Streckenposten stellen. Nach dem ersten Wettkampftag übernachten die meisten Sportler auf einem Zeltplatz und in einer Turnhalle in Newton, in dessen Innenstadt am Samstagabend dann eine große Läuferparty steigt.

Alles in allem ein unvergesslicher Ausflug nach Wales, denn ich auch angesichts der geringen Reisekosten – mein Flugtickt nach London und zurück kostete nur 8 (acht!) Euro – nicht bereut habe.

UPDATE: Seit heute stehen die Ergebnislisten im Netz. Nun bin ich noch stolzer über mein Ergebnis, denn der Läufer aus Simbabwe, der vor mir lag, hat Bestzeiten von 29:01 und 63:25 min…

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